Erst Messe, dann Kongress

Hintergrundgespräch zur Zukunft Straubings als Tagungs-Standort

 

„Wenn Sie als Tagungs-Standort erfolgreich sein wollen, müssen Sie die Themen setzen, die hier zu Hause sind", empfiehlt Hans-Joachim Heusler. Er ist Geschäftsführer von Bayern International, einer staatlichen GmbH für internationale Wirtschaftsbeziehungen. Die Freunde der Stadt hatten den Experten aus München zum Gespräch ins Hotel Asam eingeladen. Im kleinen Kreis, darunter Freunde-Vorsitzender Dr. Martin Kreuzer, OB Markus Pannermayr und Geschäftsführer der Ausstellungs- GmbH Roman Preis, warb Heusler für eine Zusammenarbeit der Stadt mit Bayern International.

 

„Nutzen Sie unser Netzwerk!", empfahl Heusler. Seine Gesellschaft organisiert Fachreisen mit Politikern, vermittelt Geschäftsbeziehungen und leistet Fullservice für Messe-Aussteller weltweit. Dabei komme es Kommunen und Unternehmen zugute, dass Bayern das Bundesland mit den meisten Auslandsvertretungen sei. Auch Straubing solle sich als attraktiver Standort international präsentieren, Multiplikatoren ansprechen. In der Runde überlegte man, mit welchem Alleinstellungsmerkmal die Stadt auftreten könnte. Der Betrachter von außen sehe Straubing als traditionelles Zentrum des Gäubodens und als moderne Stadt der Nachwachsenden Rohstoffe, mit Biotechnologie und dem Wissenschafts- Campus der TU München. Dazu sagte Hans-Joachim Heusler: „Bauen Sie darauf auf. Filtern Sie aus einer großen Messe wie der Biotechnica oder Agritechnica in Hannover ein Thema heraus. Passen Sie es an und machen Sie es zu Ihrem." Er nannte das komplexe Feld Farming 4.0. Es sei ratsam, zunächst klein zu starten, beispielsweise mit einem zweitägigen Fachkongress.

 

Untersuchungen zeigen: Eine Tagung darf sich nicht isoliert in einem Gebäude abspielen. Das Umfeld, im Idealfall die ganze Stadt, muss sich einbringen. Das heißt: Aktionen mit Begleitangeboten und touristischem Anschlussprogramm. Nur so stellt sich der gewünschte Erfolg ein, mit bis zu siebenfachen Einnahmen für die örtliche Gastronomie und den Handel. Delegationen aus aller Welt besuchen schon das Kompetenzzentrum oder die Anlage für Abwasserwärmenutzung. Daraus könnte die Stadt mehr entwickeln, war sich der Oberbürgermeister sicher. Auch in weiteren Fachtagungen für Mediziner erkennt er Potenzial.

 

Dr. Michael-Thaddäus Schreiber, Professor für Destinations- und Kongressmanagement, hatte den Freunden der Stadt bei einer Präsentation im Frühjahr sogenannte Meeting-Kontexte für Straubing zusammengefasst: Energie und Umwelt, Technologie und Innovation, Medizin und Gesundheit, Transport, Logistik. Seiner Einschätzung nach sollte man den Trend „Green Meetings" aufgreifen und sich zertifizieren lassen, zum Beispiel durch das Siegel „Green Globe" oder „fairpflichtet", dem Kodex für Nachhaltigkeit.

 

Die Ostbayernschau sei so stark, dass eine zweite Verbraucherausstellung keine Chance mehr hat. Diese Erfahrung hat die Ausstellungs- GmbH mit der Ökovita schmerzlich gemacht und sie nach drei erfolglosen Jahren nun beerdigt. Also weg von der Verbrauchermesse hin zum Fachpublikum. Darüber herrschte Einigkeit. In der Fraunhofer-Halle und in der Hotellerie sind die Voraussetzungen für jeweils bis zu 300 Teilnehmer bereits vorhanden. Fehle nur noch ein Messeprofi mit hervorragenden Kontakten, der wisse, wie man's anpackt, warb Heusler. Ein Hundertprozent- Kümmerer, wie der Netzwerker Heusler ihn nennt. Doch dieser will bezahlt werden, sehr gut bezahlt werden, das ist den Freunden der Stadt bewusst. -sonett-

 

Artikel vom Straubinger Tagblatt am 9. November 2016